Online-Talk mit Silvie Fröch, Österreichisches Patentamt

© Christian Husar

1.06.22, 11 Uhr via Zoom

Welche gewerblichen Schutzrechte gibt es? Welche davon machen Sinn für Modedesigner_innen und Modelabels? Was lässt sich überhaupt schützen? Und in welchen Ländern sollten Labels ihre Designs schützen lassen?

Diese und weitere Fragen zum Thema Alles was Recht ist! Warum ist der Schutz des geistigen Eigentums im Modedesign so wichtig? diskutieren wir beim AFA Community Talk am 1. Juni 2022 mit Silvie Fröch.

Online-Talk mit Silvie Fröch, Österreichisches Patentamt

 

Mag.a Silvie Fröch, ist seit 2004 Juristin beim Österreichischen Patentamt und als rechtskundiges Mitglied in der Rechtsabteilung Internationales Marken- und Musterwesen tätig. Neben ihrer Vortragstätigkeit ist sie Mitglied der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes und fachmännische Laienrichterin beim Oberlandesgericht Wien. Ihre Spezialgebiete sind Marken- und Designschutz national und international.

 

Interview

Bitte stellen Sie sich selbst kurz vor. Wer sind Sie? Worin besteht ihre Arbeit?

Ich arbeite mittlerweile seit fast 20 Jahren beim Österreichischen Patentamt. Neben der Prüfung der Internationalen Marken mit Schutzwirkung für Österreich, bin ich für die Registrierung von nationalen Mustern zuständig. Neben meiner Tätigkeit als Senatsmitglied im Nichtigkeitsverfahren beim ÖPA bzw. beim OLG als Zweiter Instanz vertrete ich Österreich bei internationalen Organisationen wie EUIPO und WIPO, wenn es um das Thema Design geht. Dies ist insbesondere deshalb so spannend, weil es mir ermöglicht, die aktuellen Neuerungen aus erster Hand zu erfahren. Gerade Design ist auch im Hinblick auf die zu erwartende EU-Richtlinie wirklich im Umbruch und es sind grundlegende Änderungen zu erwarten.

Welche gewerblichen Schutzrechte gibt es? Marke, Muster (Design), Patent. Bitte definieren Sie die Begriffe, wie sie vom Österreichischen Patentamt verwendet werden.

Die Marke ist ein Unternehmenskennzeichen, das Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Erzeuger bzw. Anbieter voneinander unterscheidet und den Konsumenten ermöglicht, zu erkennen, aus welcher Quelle das Angebotene stammt.

Dagegen schützt das Muster (bzw. Design) das Aussehen, d. h. die für das Auge wahrnehmbaren Merkmale eines gewerblichen Erzeugnisses. Und nicht zuletzt Patent wird für technische Erfindungen erteilt, welche im Zeitpunkt der Anmeldung neu und erfinderisch sein müssen.

Alle diese Schutzrechte sind voreinander unabhängig und überschneiden sie sich nicht. Deshalb ist es oft auch möglich, dass für ein und dasselbe Produkt alle Schutzrechte in Frage kommen.

Welche davon machen Sinn für Modedesigner:innen und Modelabels?

Auf jeden Fall Marke und Muster (Design). Eine Marke, wenn sie unternehmerisch gut platziert ist, kann durchaus in relativ kurzer Zeit einen beachtlichen Vermögenswert darstellen. Muster schützt dann einzelne Produkte (z.B. einer Modekollektion) vor der Nachahmung. Für Designer:innen ist hier insbesondere die sog. Geheimmusteranmeldung von Interesse. Diese ist dann relevant, wenn der/die Designer:in an einer möglichst langen Geheimhaltung seines Musters interessiert ist, wie z.B. bei saisonal bedingten Kollektionen.

Welche Voraussetzungen muss ein (Mode-)Design erfüllen, um schützenswert zu sein?

An das Modedesign werden im Prinzip die gleichen Anforderungen gestellt, wie es bei sonstigen Mustern der Fall ist, d.h. die Voraussetzung ist die Erscheinungsform eines gewerblichen Erzeugnisses, welches beim Zeitpunkt der Anmeldung neu ist und Eigenart hat. Nachdem diese zwei letztgenannten Kriterien im Anmeldeverfahren nicht geprüft werden, wird eine diesbezügliche Recherche dringend empfohlen, um eventuelle spätere Rechtsstreitigkeiten nach der Registrierung zu vermeiden.

Von welchen Faktoren hängt ab, in welchen Ländern man seine Designs schützen lassen sollte?

Grundsätzlich von dem Markt, der angestrebt wird. Deshalb ist es sehr wichtig, bevor eine Anmeldung eingereicht wird, zu überlegen, in welchen Ländern man in der Zukunft tätig sein möchte. Je nachdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie z.B. der Schutz in den einzelnen gewünschten Ländern, eine Anmeldung beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, um in den Ländern der EU einen Schutz zu bekommen, oder wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, kann auch das Verfahren nach dem Haager Abkommen bei WIPO in Anspruch genommen werden, wodurch eine Registrierung  z.B. in den USA möglich ist, ohne direkt mit dem nationalen Amt Kontakt aufzunehmen.

Mit welchen Kosten muss man rechnen, wenn man das eigene Design schützen lassen möchte? Wie lange gilt der Schutz? Gibt es Möglichkeiten, Zuschüsse oder andere Ermäßigungen zu bekommen?

In Österreich kostet eine Anmeldung ca. 102,50 €. EU-weit sind es ca. 350 €. Wenn man den Schutz nach dem Haager Abkommen anstrebt, wird es schwieriger eine genaue Zahl zu nennen, weil die Gebühr von der Anzahl der beanspruchten Länder abhängt.

Der Musterschutz kann in Österreich bzw. in der EU vier Mal um je 5 Jahre verlängert werden, wobei die maximale Laufzeit 25 Jahre (gerechnet ab dem Anmeldetag) beträgt.

Das Jahr 2022 ist, was die Förderungen anbelangt, ein wirklich gutes Jahr. EUIPO bietet für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Sitz in der EU eine Förderung an. Gefördert werden 75% von nationalen und EU-weiten Marken- und Designanmeldungen, bzw. 50% von internationale Marken- und Designanmeldungen außerhalb der EU bis zur Höchstgrenze von 2.250,- €.

Wie funktioniert eine Eintragung beim Österreichischen Patentamt?

Eine Anmeldung kann elektronisch oder auch in Papierform eingebracht werden, wobei die erste Variante wegen einer Gebührenreduktion sicherlich zu bevorzugen ist. Danach erfolgt die Gesetzmäßigkeitsprüfung und wenn diese positiv abgeschlossen wird, wird das angemeldete Design registriert und im Musteranzeiger veröffentlicht.

Wie lässt sich kontrollieren, ob jemand das eigene Design kopiert? Kann ich selbst herausfinden, ob jemand meine Designs unrechtmäßig verwendet? Wie? Gibt es Suchmaschinen?

Grundsätzlich ist eine ständige Marktbeobachtung die beste Möglichkeit, um eventuelle Musterverletzungen festzustellen. Natürlich gibt es auch Suchmaschinen, wie see-ip, eSearch plus und DESIGNview, mit deren Hilfe eine gute Recherche gelingt. Zu diesem Thema bietet das Österreichische Patentamt im Rahmen der IP-Academy in regelmäßigen Abständen kostenlose Online-Seminare an.

Was tun, wenn einem selbst vorgeworfen wird, unrechtmäßig Gebrauch von einem geschützten Design gemacht zu haben oder wenn man unwissentlich einen Labelnamen verwendet, der bereits geschützt ist?

Leider schützt die Unkenntnis eines Rechts nicht vor einem Streitverfahren. Zum Glück werden aber die meisten Verstöße gegen gewerbliche Schutzrechte außergerichtlich beigelegt. Sonst hat natürlich der Verletzte die Möglichkeit, seine Rechte zivilrechtlich einzuklagen und so seine Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz bzw. Beseitigung durchzusetzen. Dies kann leider sehr kostspielig werden, deshalb ist es generell ratsam, wenn eine Verletzung eines geschützten Rechtes im Raum steht, einen berufsmäßigen Parteienvertreter zwecks näherer Abklärung zu konsultieren.

Was sollte man tun, damit so etwas nicht passiert?

Bei den registrierten Rechten ist sicher eine detaillierte Recherche nach älteren Rechten (z.B. durch eSearch plus bzw. DESIGNview beim Design bzw. eSearch plus bzw. TMview bei den Marken) ratsam. Bei unklarer Sachlage macht es sicherlich Sinn, eine Beratung bei einem berufsmäßigen Parteienvertreter in Anspruch zu nehmen.

Fast Fashion Ketten kopieren fast live die Entwürfe großer Modehäuser und junger Designer:innen, renommierte Labels schauen voneinander ab. Wie kann das sein? Ab wann gilt etwas als Verletzung des geistigen Eigentums – und was ist nur „Inspiration“ und erlaubt?

Die Möglichkeiten, vorab eine Rechtsverletzung zu verhindern sind beschränkt. Wenn es aber dazu kommt, kann der Inhaber der Schutzrechte gegen den Verletzer entsprechend vorgehen, und zum Beispiel seine Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz, usw. geltend machen. Ab wann eine Verletzung des geistigen Eigentums vorliegt und ab wann es sich lediglich um eine „Inspiration“ handelt, hängt vom Schutzbereich des jeweiligen Rechtes ab und ist sehr oft eine Einzelfallentscheidung. Der Vorteil von den registrierten Schutzrechten liegt aber daran, dass ihre Durchsetzbarkeit besser rechtlich geregelt ist und dadurch erfolgversprechender ist, als dies bei den nicht registrierten Rechten der Fall ist.

Was kann ich tun, wenn mein Design von einer großen Firma kopiert wird?

Zuerst ein Gespräch mit dem Unternehmen, welches für die Verletzung verantwortlich ist, suchen und sich auf das registrierte Recht berufen. Falls keine außergerichtliche Einigung möglich ist, dann bleibt leider nichts anderes übrig, als die Ansprüche zivilrechtlich durzusetzen. Eines ist aber dabei immer vorab zu bedenken. Designs sind nationale Schutzrechte und das spielt vor allen bei der Durchsetzbarkeit der Rechte eine große Rolle. D.h. wenn ich ein registriertes Schutzrecht nur in Österreich habe, wird es mit der Durchsetzung in Deutschland schwierig. Deshalb ist es immer wichtig, bevor eine Anmeldung eingebracht wird, zu überlegen, in welchen Ländern meine Märkte sind und wo möchte ich auch meine Rechte -sei es auch auf dem Klagsweg- durchsetzen.